Bundesminister Dr. Wolfgang Schäuble im Interview mit der Bild-Zeitung
BILD: Die Wirtschaft brummt! Die FDP will weiterhin Steuersenkungen bis 2013 durchsetzen. Gibt es dafür Chancen?
Wolfgang Schäuble: Wenn sie im Rahmen der wachstumsfreundlichen Konsolidierungspolitik unter Einhaltung der Schuldenbremse möglich sind, schließe ich Steuersenkungen nicht aus. Wichtigstes Ziel ist jetzt aber die Steuervereinfachung, die wir 2011 umsetzen wollen.
BILD: Müssen wir bald eine EU-Steuer zahlen?
Schäuble: Nein, eine solche Steuer hat nicht den Hauch einer Chance. Die Bundesregierung und andere Länder lehnen entsprechende Vorschläge strikt ab.
BILD: Wird es dann endlich leichter, eine Steuererklärung abzugeben?
Schäuble: Ja. Ich mache meine Steuererklärung noch selber und weiß, wie kompliziert das teilweise ist. Schon in Kürze, vielleicht sogar 2011, soll es daher möglich sein, vom Finanzamt eine bereits vorausgefüllte Steuererklä-
rung elektronisch zu
erhalten. Dann müssen die Steuerzahler nur noch die Angaben prüfen und wo nötig ergänzen. Sie können so viel Zeit und Nerven sparen.
BILD: Vergrault Schwarz-Gelb mit der Atom- und Energiepolitik die Wirtschaft?
Schäuble: Wir vergraulen die Wirtschaft nicht. Die wirtschaftliche Entwicklung läuft auch dank unserer Politik viel besser, als wir alle zu hoffen gewagt hätten. jetzt müssen wir die zu hohe Staatsverschul-
dung konsequent abbauen. Deshalb sparen wir, aber wir wollen durch
eine maßvolle Besteuerung von Energie auch zusätzliche Einnahmen zum Schuldenabbau verwenden. Die Brennelemente-Steuer gehört ebenso dazu wie die Flugticketabgabe und der Abbau von Ausnahmen bei der Ökosteuer für die Wirtschaft. Damit setzen wir zudem wichtige Anreize zum sparsamen Energieverbrauch.
BILD: Wird es neben der Brennelemente-Steuer eine weitere Abgabe für die AKW-Betreiber geben?
Schäuble: Die 2,3 Milliarden Euro Brennelemente-Steuer pro Jahr sind beschlossen und fließen in den Bundeshaushalt. Über alles andere muss geredet werden, wenn es um das Energiekonzept und die AKW-Laufzeiten geht. Da will ich jetzt nicht spekulieren.
BILD: Gut verdienende Paare sollen weiterhin bis zu 1800 Euro Elterngeld bekommen. Aber die 300 Euro für Hartz-IV-Empfänger werden gestrichen. Ist das gerecht?
Schäuble: Elterngeld soll Paaren ermöglichen, in den ersten Lebensmonaten eines Kindes auf eine Berufstätigkeit zu verzichten. Einem Arbeitslosen muss ich aber nicht finanziell ermöglichen, zu Hause zu bleiben. Ihm muss ich helfen, einen Arbeitsplatz zu bekommen. Wer arbeitslos ist, bekommt auch Unterstützung durch die Gemeinschaft, etwa Hartz IV.
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