Kurz vor seinem Besuch in Athen hat Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) einen weiteren Schuldenschnitt für private Gläubiger Griechenlands abgelehnt. Erst 2014 könne man über weitere Hilfen reden, sagte der Minister im Inforadio.
Inforadio: Das war eine äußerst knappe Entscheidung. Das griechische Parlament hat die neuen Spargesetze der Regierung gebilligt. Sie sehen unter anderem vor, 15.000 Staatsbedienstete zu entlassen. Die Betroffenen demonstrieren seit Tagen gegen die Maßnahmen, aber sie sind eine der Voraussetzungen, dass die nächste EU Tranche, also von Hilfsgeldern an Griechenland ausgezahlt werden. Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble ist heute auf Kurzbesuch in Griechenland. Er will der Griechischen Wirtschaft unter die Arme greifen und zwar will er den Griechen 100 Millionen Euro für den Aufbau einer Förderbank für kleine und mittelständische Unternehmen anbieten. Die griechischen Banken sind derzeit nicht in der Lage die Wirtschaft mit ausreichend Krediten zu versorgen. Kurz vor seinem Abflug habe ich mit Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble gesprochen und ihn zunächst nach der Stimmung gefragt. Deutsche Politiker, also vor allem die Kanzlerin und er sind derzeit nicht sehr willkommen, wie bewertet er das?
Schäuble: Naja ich vermute, dass es irgendwo Demonstrationen geben wird. Das ist ja angekündigt und auch in Ordnung. Das Demonstrationsrecht gehört zur Demokratie und das die Griechen, die ja unter den Anpassungsmaßnahmen schwer leiden müssen, wenn man denen sagt wir müssen das machen, sonst kriegen wir die nächste Tranche von der Troika nicht ausgezahlt, dann irgendwie glauben ein Anderer sei schuld an ihren Problemen, das kann ich gut verstehen. Dafür habe ich Respekt, aber man muss das auch nicht zu ernst nehmen. Wir müssen das machen was nach unserer festen Überzeugung das Beste für Griechenland ist.
Inforadio: Zum Inhaltlichen jetzt, ist das richtig, wird es diesen Hilfsfond geben, also 100 Millionen von Deutschland und 400 Millionen von den anderen EU-Partnern?
Schäuble: Was die anderen EU-Partner machen weiß ich jetzt nicht. Ich fahre ja nach Griechenland, um eine Reihe von konkreten Feldern bilaterale Hilfe und Unterstützung ein Stück voranzubringen und damit natürlich auch ein Stück Vertrauen in Griechenland darzustellen. Dazu gehört, dass wir mit Hilfe der KFW einen Fond für Wachstum – so was ähnliches wie die KFW in Griechenland schaffen wollte – dann werden wir auch darüber reden, ob man nicht ein leistungsfähiges Sparkassenwesen in Griechenland aufbauen kann. Wir werden auch mit der deutsch-griechischen Handelskammer über Investitionsmöglichkeiten für deutsche Unternehmen in Griechenland reden.
Inforadio: Aber diesen Hilfsfond, den macht Deutschland jetzt ganz allein.
Schäuble: Den Hilfsfond machen wir immer mit der Hoffnung, dass andere auch sich beteiligen. Mein Besuch – so hat ihn auch Ministerpräsident Samaras immer verstanden – als er darum gebeten hat das ich kommen möge, soll auch ein Zeichen der Ermutigung sein, dass wir Griechenland unterstützen auf seinem schwierigen Weg, das wir auch Vertrauen haben in das, was Griechenland macht und wir natürlich auf der anderen Seite. Beides kommt zusammen. Wir müssen wie andere auch darauf bestehen, dass Griechenland diesen schwierigen Weg der beschlossenen Reformen auch vorangeht.
Inforadio: Schwierigen Weg sagen sie. Sie sagen aber auch, dass Griechenland eigentlich auf einem guten Weg ist. Die Troika, die die Entwicklung Griechenlands überwacht kritisiert immer wieder, dass das Land so wenig Reformfortschritte macht. Also nach wie vor gibt es zum Beispiel kaum Fortschritte beim Steuer eintreiben. Sehen sie das genauso, dass das viel zu zäh voran geht?
Schäuble: Ja ich sagte gerade, die Steuerverwaltung ist eins der Probleme. Es gibt viele die in Griechenland bis runter an die Basis nicht so richtig interessiert sind. Das da eine leistungsfähige Steuerverwaltung aufgebaut wird das kann man sich ja gut vorstellen. Die Menschen sind nicht so furchtbar scharf darauf wenn sie bisher nicht gewohnt waren Steuern zu bezahlen das sich das ändern soll, insbesondere solche, die vielleicht viel Steuern zahlen müssten oder zahlen könnten.
Inforadio: Was ist mit der Finanzierungslücke von der wir gestern gehört haben. Spätestens im September fehlen 50 Milliarden Euro – heißt es aus der europäischen Union – sagt auch der SPD-Haushaltexperte – müssen die Euro-Partner nachschießen das Griechenland nicht in die Insolvenz rutscht?
Schäuble: Nein. Schauen Sie, Griechenland muss im September, das ist aber in der Euro-Gruppe genau beschlossen worden, noch einige zusätzliche Maßnahmen ergreifen. Aber 50 Milliarden, die im September fehlen sollen, das sind natürlich wirklich noch nicht einmal Latrinengerüchte und ein SPD-Sprecher, der solche Zahlen vertritt, der hat ja schließlich die Unterlagen von mir bekommen über das was in der Euro-Gruppe beraten wird, der verrät damit nur das er keine Experte ist, sondern ein ziemlich plumper Polemiker, der offenbar nur verunsichern und nicht sachlich an der Diskussion sich beteiligen will.
Inforadio: Ökonomen sehen allerdings einen Schuldenschnitt für Griechenland voraus, spätestens im Herbst ein weiterer Schuldenerlass ist nötig, sagen die Experten, weil das Land sonst überschuldet ist. Der IWF, der Internationale Währungsfond sieht das genauso, aber sie nicht. Warum nicht?
Schäuble: Wir haben vor eineinhalb Jahren das Programm für Griechenland beschlossen. Und damals habe ich mehr als andere und früher als andere darauf gedrängt, das wir einen Schuldenschnitt für Griechenland machen. Ich habe noch eine ziemlich gute Erinnerung daran wer da alles dagegen gewesen ist weil er gesagt hat das verunsichert die Märkte! Zum Beispiel war damals der IWF noch gar nicht so enthusiastisch für einen Schuldenschnitt Griechenlands – erstens.
Zweitens, dann hat der IWF gefordert, das auch die EZB ihrerseits Forderungen an Griechenland erlassen soll. Das hat aber die EZB immer abgelehnt. Die EZB hat gute Argumente und ist übrigens völlig unabhängig und sie soll ja auch unabhängig bleiben und deswegen es redet niemand im Ernst, wer bisschen von der Sache was versteht, von einem weiteren Schnitt für die privaten Gläubiger, sondern es geht darum, das es möglich ist, dass Griechenland nach dem Auslaufen dieser Programmperiode im kommenden Jahr noch ein weiteres Programm brauchen wird. Das haben wir auch damals schon so gesagt, das ist in der Erklärung formuliert. Darüber ist der Deutsche Bundestag informiert worden. Wir haben das diskutiert, 2014 werden wir darüber wieder sprechen, Voraussetzung ist, dass Griechenland bis dahin alle Auflagen erfüllt, dass Griechenland einen Primär – Überschuss erzielt und wenn dann Griechenland immer noch Hilfe braucht, dann werden wir darüber bereit sein miteinander wieder genauso konstruktiv zu reden. Jetzt muss Griechenland zunächst einmal das erfüllen, was es 2013 machen muss. Das ist schwer genug, aber das tun sie.