Geringere Neuverschuldung in 2012 gibt nicht mehr Spielraum in 2013 / Für Rentenpläne nur begrenzte Mittel im Etat



Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble geht davon aus, dass die Neuverschuldung im vergangenen Jahr noch einmal deutlich unter seiner letzten Schätzung lag. Im Südwestrundfunk (SWR) sagte Schäuble, in den nächsten Tagen werde das Statistische Bundesamt mit den verbürgten Zahlen vermutlich „nicht allzuweit entfernt“ liegen von der jüngsten Prognose des Kieler Instituts für Weltwirtschaft. Dessen Experten hatten in der vergangenen Woche für 2012 eine Neuverschuldung von 22, 8 Milliarden Euro errechnet. Das wären zwei Milliarden weniger, als Schäuble noch im Dezember vorhergesagt hatte. Die Haushaltsplanung hatte sogar mehr als 28 Milliarden Euro vorgesehen. Die gute Nachricht dürfe allerdings nicht zu der Annahme verleiten, dass es „mehr Spielraum in 2013“ gebe, sagte der Finanzminister. Bei den Ausgaben „werden wir uns sehr anstrengen müssen“, die Vorgaben des Haushaltsgesetzes 2013 zu erreichen. Schließlich habe sich die wirtschaftliche Entwicklung eingetrübt.

Zum aktuellen Koalitionsstreit um die geplante Lebensleistungsrente sagte Schäuble, nach den Bedenken der CSU werde nun mit Bundesarbeitsministerin von der Leyen noch einmal über das Thema gesprochen. Sowohl für dieses Projekt als auch für die von der CSU geforderte rentenrechtliche Besserstellung älterer Mütter gebe es „nur begrenzte finanzielle Volumen“. Da die Koalition aber beides beschlossen habe, werde nun versucht, „in diesem Rahmen“ eine Lösung zu finden.

Südwestrundfunk (SWR): Das Kieler Institut für Weltwirtschaft hat am Wochenende gute Nachrichten unter die Leute gebracht. Die Experten rechnen vor, dass für den Bundeshaushalt im letzten Jahr sehr viel weniger neue Schulden gemacht werden mussten als zuletzt geplant. Nämlich insgesamt nur 22,8 Milliarden Euro. Können Sie die Zahl bestätigen?

Wolfgang Schäuble: Nein, ich kann sie noch nicht bestätigen. Wir bekommen die genauen Zahlen vom Statistischen Bundesamt in dieser Woche, aber ich vermute mal, dass die tatsächlichen Zahlen des Statistischen Bundesamtes nicht allzu weit von dem entfernt sind, was da veröffentlicht worden ist. Es ist keine schlechte Nachricht, aber wir haben ja immer gesagt, wir haben im übrigen in jedem Jahr, 2010, 2011, 2012 jetzt auch, sehr viel weniger Schulden am Ende gemacht, als im Haushalt vorgesehen war. Das heißt, wir haben immer solide gewirtschaftet, und ich bin ja immer ein Anhänger der These, lieber am Anfang ein bisschen vorsichtiger und dann aber im Vollzug des Haushalts besser zu sein.

SWR: Wenn es denn unter 23 Milliarden würden, wären das immer nochmal 2 Milliarden weniger, als selbst Sie zuletzt Ende letzten Jahres angenommen haben. Gibt Ihnen das Spielraum für das ein oder andere Wahlgeschenk im Bundestagswahlkampf 2013?

Wolfgang Schäuble: Nein, erstens haben wir keine Absicht Wahlgeschenke zu machen, zweitens, das sind ja die Zahlen für 2012. Wie wir den Haushalt 2012 vollzogen haben. Der Haushalt 2013 liegt fest und da werden wir uns sehr anstrengen müssen, dass wir die Zahlen des Haushaltsgesetzes, die wir zugrunde gelegt haben, als der Haushalt verabschiedet wurde in diesem Jahr, erreichen, denn Sie wissen ja, die wirtschaftliche Lage, die Prognose für die wirtschaftliche Entwicklung hat sich nicht verbessert, sonder eingetrübt in den letzten Wochen. Deswegen, dass wir im Jahr 2012 weniger Schulden machen mussten ist gut, aber dass wir dafür mehr Spielraum in 2013 hätten, wäre die genau falsche Schlussfolgerung.

SWR: Wobei die Kieler Institutsexperten sagen, auch für 2013 wird sie (die Neuverschuldung) vielleicht 600 Millionen niedriger ausfallen, als von Ihnen geschätzt.

Wolfgang Schäuble: Na, wir sind jetzt Anfang Januar, das sind schon tolle Experten, die Anfang Januar wissen, wie es Ende Dezember dann aussieht. Da bin ich mal sehr zurückhaltend. Genauso machen wir unsere Haushaltspolitik nicht, denn dann würden wir jedes Jahr, wie in früheren Zeiten, in Zeiten von rot-grün mehr Schulden machen als im Haushalt vorgesehen war. Das machen wir nicht.

SWR: Nichtsdestotrotz steht immer noch im Raum die Forderung der CSU – eigentlich war das ja auch ein Parteitagsbeschluss der CDU – dass bei der Rente ältere Mütter besser gestellt werden sollen, dass deren Kindererziehungszeiten genauso stark anerkannt werden rentenrechtlich, wie das bei den Müttern geschieht, die ihre Kinder nach 1992 geboren haben. Sehen Sie vom Haushalt her eine Chance, das vor der Wahl umzusetzen?

Wolfgang Schäuble: Naja, wir haben ja auch ein Koalitionsbeschluss dafür und wir haben auch auf dem Bundesparteitag der CDU einen entsprechenden Beschluss, aber es ist jedes Mal gesagt worden, und das hat auch die CSU nicht anders gesagt, wir müssen das in dem Rahmen machen, der haushaltspolitisch möglich ist. Und ich habe ja damals gesagt, ich bin dafür, es gibt da eine Gerechtigkeitslücke, das ist unbestreitbar, aber wir müssen auf der andere Seite sehen, was haushaltspolitisch möglich ist, das werden wir im Laufe des Jahres sehen.

SWR: Im Koalitionsbeschluss war, glaube ich festgelegt worden, dass diese Mütterrente eingehen soll in die sogenannte Lebensleistungsrente, die die Koalition im November beschlossen hat. Für die sind ja Steuermittel schon vorgesehen, aber es ist inzwischen unsicher, ob das Modell Lebensleistungsrente noch vor der Wahl kommt. Wie sieht es denn aus, wenn die erst mal auf Eis gelegt würde, wäre denn dann das Geld für die Mütterrente da?

Wolfgang Schäuble: Also wissen Sie, es ist ja so. Wir hatten im Koalitionsbeschluss die beiden Dinge miteinander verabredet und jetzt hat die CSU auf ihrer Klausurtagung gesagt, dass sie da ein Problem sieht, darüber wird im Koalitionsausschuss noch einmal geredet werden müssen. Natürlich insbesondere auch mit der dafür zuständigen Arbeitsministerin. In dem Rahmen werden wir das auch machen. Aber es sind in beiden Fällen nur begrenzte finanzielle Volumen da zur Verfügung, und in diesem Rahmen werden wir einen Spielraum, werden wir die Lösung suchen. Und ich werde mich an der Suche beteiligen.

SWR: Ich frage jetzt nochmal nach, heißt das: entweder Lebensleistungsrente oder Mütterrente, oder geht beides zusammen?

Wolfgang Schäuble: Naja, es geht ja bei beiden Themen um ältere Menschen, und insofern will ich auch den Absprachen in der Koalition nicht vorgreifen bzw. eigentlich mich an dem festhalten, was die Koalition schon beschlossen hat. Wir hatten ja einen gemeinsamen Beschluss der Koalition im November vergangen Jahres, und wenn es dagegen jetzt Einwendungen gibt, muss man darüber noch einmal reden. Das wird man auch tun, das hat die Arbeitsministerin auch gesagt, und dabei wird sie auch vom Finanzminister unterstützt.

SWR: Welche Kosten sehen Sie denn auf den Haushalt zukommen, die sich aus der neuerlichen Verzögerung beim Berliner Großflughafen ergeben?

Wolfgang Schäuble: Die haben dafür das Jahr 2013 ja eingeplant, eingestellt in den Haushalt. Ich rechne nicht damit, dass für das Jahr 2013 nennenswert zusätzliche Belastungen auf den Bundeshaushalt zukommen. Wir haben ja im Haushalt des Verkehrsministeriums für die Mehranforderungen aus der Verzögerung bei dem Bau des Berliner Großflughafens Rechnung getragen.

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