In einem Interview mit der Bild-Zeitung vom 12. Juli 2013 verrät Bundesfinanzminister Dr. Wolfgang Schäuble, dass er seine Steuererklärung mit überschaubarem zeitlichen Aufwand und mithilfe des Softwareprogramms Elster erledigt. Die Vorschläge der EU-Kommission zur Abwicklung von Krisenbanken hält der Minister in ihrer jetzigen Form für keine rechtlich tragfähige Lösung.
Bild: Machen sie ihre Steuererklärung selbst?
Schäuble: Ja, ich habe ja mal in der Steuerverwaltung gearbeitet. Deshalb fällt es mir vielleicht etwas leichter. Ich mache das mit dem Elster-Programm der Steuerverwaltung am Computer. Dafür brauche ich ungefähr zwei Stunden. Ich mache das meistens an Ostern oder Pfingsten. Ich will mein Finanzamt ja nicht in die Verlegenheit bringen, den eigenen Finanzminister zu mahnen, weil er die Abgabefrist am 31. Mai nicht eingehalten hat.
Bild: Viele Bürger verzweifeln an den Steuerformularen…
Schäuble: Wenn man seine Belege beisammen hat, geht das recht schnell von der Hand. Das kann jeder Steuerzahler im Normalfall hinkriegen. Die meisten Steuerzahler müssen doch außer den Angaben auf den Verdienstbescheinigungen gar nichts mehr ausfüllen. Und am Computer werden viele Daten aus den Vorjahren gespeichert. Das kann man mit einem Mausklick übernehmen.
Bild: Was gibt der Finanzminister denn so alles an?
Schäuble: Meine steuerlichen Verhältnisse sind überschaubar. Ich habe Einkünfte aus nichtselbständiger Tätigkeit und Sonstige Einkünfte. Das sind die Abgeordneten-Diäten. Dazu kommen Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung, weil ich gemeinsam mit meinem verstorbenen Bruder ein Haus in Leipzig gekauft habe, sowie Einkünfte aus Kapitalvermögen. Die Daten dazu liefert einem die Bank, bei mir ist das die Volksbank Offenburg. Dann muss ich nur noch meine Sonderausgaben und Spendenquittungen zusammenstellen, und fertig.
Bild: Was ist mit der einfach-Steuererklärung auf dem Bierdeckel, die Ihre Partei mal wollte?
Schäuble: Die Idee der Bierdeckel-Steuererklärung klingt gut, hat sich aber leider als eine Illusion herausgestellt. Denn dazu müssten alle Ausnahmen im Steuerrecht weg. Es gäbe einen Aufstand der Nachtarbeiter und Pendler, wenn ihnen die Steuerfreiheit der Nachtzuschläge oder die Pendlerpauschale gestrichen würde. Und wenn die Abzugsfähigkeit von Spenden wegfällt, müssten viele Hilfsorganisationen wie das Rote Kreuz die Arbeit einstellen oder stark einschränken. Das können wir nicht wollen.
Bild: Gerade war Steuerzahler-Gedenktag. Bis zum 8. Juli haben die Deutschen nur für Steuern und Abgaben gearbeitet. Ist das gerecht?
Schäuble: Keiner zahlt gerne Steuern, aber jeder will einen funktionierenden Staat. Aber den gibt es eben nicht umsonst. Der Staat muss ordentlich finanziert werden. Davon hat der Bürger auch eine verlässliche Verwaltung, einen funktionierenden Rechtsstaat und ein System sozialer Sicherheit, von dem andere nur träumen können.
Bild: Brauchen wir wirklich Abgaben wie Wein-, Bier- oder Sektsteuer – und wann wird der Soli abgeschafft?
Schäuble: Man sollte nur versprechen, was man halten kann. Und der Soli steht bis 2019 im Gesetz zum Solidarpakt 2. Was danach passiert, muss man dann entscheiden.
Bild: Was kommt bei der Rettung der Euro-Schuldenländer noch auf die Steuerzahler zu – gibt es einen zweiten Schuldenschnitt für Griechenland?
Schäuble: Nein, der Schuldenschnitt war eine einmalige Veranstaltung. Darüber herrscht Konsens in Europa. Wer daran rüttelt, sollte wissen was er tut: Kein Investor würde dann noch in europäische Staatsanleihen zeichnen. Das derzeitige Hilfsprogramm läuft bis 2014.
Bild: Müssen wir Griechenland danach noch mehr Geld geben?
Schäuble: Das beschlossene Programm ist so angelegt, dass Griechenland seine Schulden am Ende wieder selbst bedienen kann, spätestens im Jahr 2020. Bis dahin muss die Regierung in Athen ihre Hausaufgaben machen, dass kann den Griechen niemand abnehmen. Ich weiß wie hart das für die Menschen ist. Die Finanzminister der Eurozone haben bereits letztes Jahr zugesagt, weitere Unterstützung zu prüfen, wenn das Programm Ende 2014 vollständig umgesetzt wurde.
Bild: Geben Sie den Bundesbürgern die Garantie, dass auch nach der Bundestagswahl kein deutsches Steuergeld für Griechenland abgeschrieben werden muss?
Schäuble: Ich garantiere, dass ich alles tun werde, dass das Programm erfolgreich sein wird. Erste Erfolge sind ja auch schon sichtbar. Griechenland hat wichtige Reformen auf den Weg gebracht. Das Land wird wieder wettbewerbsfähiger und saniert seinen Haushalt.
Bild: Herr Minister, die EU-Kommission will bei der geplanten Bankenunion darüber entscheiden, ob eine Pleitebank abgewickelt wird. Schustert sich Brüssel damit zu viele Kompetenzen zu?
Schäuble: Aus deutscher Sicht steht der Vorschlag der Kommission auf tönernen Füßen. Ich habe dem zuständigen Kommissar Barnier geschrieben, warum ich seinen Vorschlag für sehr riskant halte. Was wir jetzt brauchen ist eine glaubwürdige, rechtlich tragfähige Lösung. Wenn eine Bank geschlossen werden muss, ist das eine Entscheidung mit sehr weitreichenden Folgen, die nicht allein von Brüssel getroffen werden kann. Vor allem, wenn es auch um nationale Steuergelder geht.
Bild: Was passiert, wenn sich Brüssel durchsetzt – fürchten Sie, dass die EU-Kommission beide Augen zudrückt, wenn eine Bank in einem Schuldenland vor der Pleite steht?
Schäuble: Ob die Kommission mit ihrer begrenzten Expertise streng genug handeln würde, ist in der Tat offen. Richtig ist die Idee eines Abwicklungsfonds, in den die Banken einzahlen und dann die Kosten einer Bankenabwicklung bezahlen. In Deutschland gibt es das bereits. Aber so einen Fonds aufzubauen dauert viele Jahre. In der Zwischenzeit kann es also passieren, dass der Steuerzahler einspringen muss. Wir wollen aber nicht, dass Europa entscheidet und die Länder zahlen. Haftung und Entscheidung gehören zusammen. Das sind wir den Bürgern und nationalen Parlamenten schuldig.
Das Interview führten Stephan Haselberger und Dirk Hoeren.