Europa steht weiterhin zu dem, was wir verabredet haben



Der Bundesfinanzminister zeigt sich in einem ZDF-Wahl Spezial-Interview zuversichtlich, dass die „klaren Verabredungen in Europa“ auch mit der neuen französischen Regierung eingehalten werden und „wir eine Menge Dinge gemeinsam auf den Weg bringen, mit denen wir die dauerhaften Wachstumskräfte stärken“. Die deutsch-französische Zusammenarbeit habe „über Jahrzehnte immer gut funktioniert. Das wird nach der Wahl von Präsident Hollande genauso sein“

ZDF: Wie beurteilen Sie das politische Erdbeben in Griechenland, und was bedeutet es für den Euro [Glossar]?

BM Schäuble: Wir haben den Wahlen in Griechenland mit einer gewissen Besorgnis entgegen gesehen. Aber jetzt müssen die Gewählten in Griechenland mit dem Wahlergebnis eine vernünftige Politik machen. Europa steht weiterhin zu dem, was wir verabredet haben. Das ist der beste Weg, um Griechenland zu dauerhaftem Wachstum zu verhelfen und zu mehr sozialer Gerechtigkeit.

ZDF: Frankreich: Hollande hat die Wahl auch mit dem Versprechen gewonnen, kräftig Geld auszugeben und das Wachstum anzukurbeln. Finanzieren wir Deutschen, salopp gesagt, das künftig mit?

BM Schäuble: Nein, wir haben klare Verabredungen in Europa. Ich weiß auch gar nicht, ob Francois Hollande versprochen hat, Geld auszugeben. Er sagte, er wolle einen stärkeren Impuls auf Wachstum setzen, er wolle sich dafür einsetzen. Das tun wir auch. Wir haben immer gesagt, wir brauchen noch mehr Wachstum, das ist auch kein Gegensatz. Wir in Deutschland haben ja bewiesen, dass man mit einer vernünftigen Reduzierung zu hoher Defizite auch gleichzeitig das Wachstum verstärken kann. Diese Politik haben wir in Europa verabredet, und die werden wir gemeinsam mit Frankreich führen, da bin ich völlig sicher, dass das auch mit der neuen französischen Führung geht.

ZDF: Wie unabänderlich ist Ihr Sparkurs? Die Kanzlerin hat ja heute schon gesagt, konjunkturelle Strohfeuer wird es mit ihr nicht geben.

BM Schäuble: Wir haben klare Verabredungen, in welchem Tempo wir die jeweiligen Defizite in den Mitgliedsländern auf die Gesamtverschuldung zurückführen müssen. In diesem Rahmen hat jedes Land seine eigene Entscheidung, wie es seinen Haushalt [Glossar]gestaltet. Die Defizitreduzierung wird von Frankreich genauso eingehalten werden wie von Deutschland.

ZDF: Welche konkreten gemeinsamen Wachstumsimpulse können Sie sich denn vorstellen?

BM Schäuble: Wir haben ja seit langem den Euro-Plus-Pakt [Glossar] mit Frankreich vorangetrieben. Wir haben verabredet, dass der Europäische Gipfel im Juni dem Thema Stärkung der Wachstumskräfte gewidmet wird. Francois Hollande hat, wenn ich das richtig verfolgt habe, gesagt, er wolle vor allen Dingen kleinere und mittlere Unternehmen in Frankreich stärken. Ich finde, dass das ein richtiger Ansatz ist. Ich plädiere sehr dafür, von unserem System dualer Berufsausbildung zu lernen. Denn das ist ein Element, warum wir erstens eine hohe Beschäftigung, vor allen Dingen so wenig Jugendarbeitslosigkeit haben, und so können wir eine Menge Dinge gemeinsam auf den Weg bringen, mit denen wir die dauerhaften Wachstumskräfte stärken.

ZDF: Sehen Sie keinerlei Gefahr, dass bei gesteigerten französischen Ausgaben unser großer Nachbar ebenfalls ins Visier der Finanzmärkte [Glossar] geraten könnte?

BM Schäuble: Ich weiß, dass die Verantwortlichen in Frankreich diese Gefahr und diese Verantwortung genauso ernst nehmen. Die deutsch-französische Zusammenarbeit hat über Jahrzehnte immer gut funktioniert. Das wird nach der Wahl von Präsident Hollande genauso sein.

Das Interview führte Theo Koll.

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