Europa ist unsere Zukunft



Liebe Mitbürger, wir leben in einer Welt, die durch schnelle Veränderungen, große Mobilität, weltweite Kontakte und Kooperationen geprägt ist. Diese Entwicklung betrifft uns alle. Und deshalb muss die Politik Wege finden, mit der globalisierten und vernetzten Welt des 21. Jahrhunderts umzugehen.

Am 30. Juni 2007 endet die deutsche Ratspräsidentschaft in der Europäischen Union. Das Bundesinnenministerium hatte sein Arbeitsprogramm für die Ratspräsidentschaft unter das Motto ?Europa sicher leben? gestellt. Die Menschen in allen Ländern Europas verlangen zu Recht, dass die europäische Einigung ihrer Freiheit und ihrer Sicherheit dient. Europa muss auch insoweit einen Mehrwert bieten.

Wir können dieses Ziel in einer offenen und vernetzten Welt nur durch vertrauensvolle Gespräche und enge Zusammenarbeit der Polizeien und Sicherheitsbehörden aller Mitgliedstaaten der Europäischen Union erreichen. Dabei war es uns wichtig, lieber bereits vorhandene Instrumente zu verbessern, als immer neue Initiativen auszurufen, die dann vielleicht auf halber Strecke versanden. Und dieser Weg hat sich als richtig und als erfolgreich erwiesen.

Wir alle werden davon profitieren, wenn zum Ende dieses Jahres die letzten Schlagbäume innerhalb der Europäischen Union fallen und so für uns alle neue Räume der Freiheit entstehen. Aber die Politik muss dafür Sorge tragen, dass diese Freiräume, die uns die europäische Einigung eröffnet, nicht von Menschen missbraucht werden, die Böses im Schilde führen.

In einem offenen und freiheitlichen Europa müssen wir Kriminelle und Terroristen gemeinsam bekämpfen. Das erfordert die Zusammenarbeit der nationalen Polizeien und den Austausch von Daten und Informationen, und dazu haben wir entscheidende Fortschritte in der von mir verantworteten Innenpolitik erreicht, wobei übrigens die guten Erfahrungen mit polizeilicher Zusammenarbeit bei der Fußball-Weltmeisterschaft im vergangenen Jahr sehr hilfreich waren.

Zukünftig wird es allen Mitgliedstaaten der Europäischen Union möglich sein, in einem automatisierten Verfahren auf die DNA- und Fingerabdruckdateien sowie auf die Fahrzeugregisterdaten der anderen Mitgliedstaaten zuzugreifen. Wir haben einen solchen Austausch mit Österreich bereits seit Dezember letzten Jahres, und wir haben bei diesem DNA-Abgleich zum Beispiel in mehreren bislang ungeklärten Mordfällen wertvolle Hinweise zur Identität der mutmaßlichen Täter erhalten. Also bringt diese Zusammenarbeit einen Mehrwert.

Es wird in Zukunft auch einen schnellen Informationsaustausch über Terrorverdächtige, auch über reisende Gewalttäter und Hooligans geben. Gemischte Streifen bei Großveranstaltungen oder im Grenzgebiet sind eine weitere neue Form staatenübergreifender Polizeiarbeit.

Wenn Europa bei der Sicherheitszusammenarbeit an Bedeutung gewinnt, dann müssen wir natürlich auch das Europäische Polizeiamt Europol stärken. Auch das ist in den vergangenen Monaten gelungen. Es gibt seit Mai bei Europol ein Informationsportal, über das die Behörden Informationen zur Beobachtung und Auswertung terroristischer Aktivitäten im Internet austauschen können.

In einem offenen und freiheitlichen Europa müssen wir aber nicht nur organisierte Kriminalität und Terrorismus gemeinsam bekämpfen. Wir müssen auch dafür sorgen, dass die erhöhte Mobilität der Menschen in der globalisierten Welt nicht zu unkontrollierten Migrationsströmen führt. Mit dem Visum-Informationssystem VIS haben wir ein Instrument entwickelt, das es uns möglich macht, eine gemeinsame, europäische Datenbank über erteilte, abgelehnte oder widerrufene Visa aufzubauen. So wollen wir den Missbrauch von Visa innerhalb der Europäischen Union verhindern und Überprüfungen an den Außengrenzen und die Identifizierung von ausreisepflichtigen Personen erleichtern. Auch die europäischen Sicherheitsbehörden können zu Zwecken der Vorbeugung, Aufdeckung oder Untersuchung terroristischer oder sonstiger schwerwiegender Straftaten auf die Daten dieses Visum-Informationssystems zugreifen. Wir alle kennen die dramatischen Bilder von völlig überladenen und kaum seetauglichen Flüchtlingsbooten im Mittelmeer oder im Atlantik. Sie sind das Ergebnis einer menschenverachtenden Schleuserkriminalität. Um diesen Schleuserbanden das Handwerk zu legen und ihnen die Geschäftsgrundlage zu entziehen, haben wir uns darauf geeinigt, die Europäische Grenzschutzagentur Frontex entscheidend zu verstärken. Frontex kann künftig auf einen Pool von Flugzeugen, Hubschraubern, Schiffen und Überwachungsgeräten zurückgreifen, die die Mitgliedstaaten temporär zur Verfügung stellen. Wie alle diese Beispiele zeigen, haben wir in diesen sechs Monaten eine Menge erreicht, um die praktische Zusammenarbeit in der Europäischen Union voranzubringen. In den jetzt kommenden sechs Monaten wird sich die portugiesische Ratspräsidentschaft darum kümmern, dass sich die Europäische Union als gemeinsamer Raum der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts weiterentwickelt und Ergebnisse produziert, von denen alle Bürgerinnen und Bürger Europas profitieren werden. Europa ist unsere Zukunft. Und daher hoffe ich auch weiterhin auf das Engagement und die Unterstützung aller Bürgerinnen und Bürger. Vielen Dank.

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