Bundesminister Dr. Wolfgang Schäuble im Interview mit den Tagesthemen
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BM Schäuble unterstreicht in einem ARD-Tagesthemen-Interview, dass der Euro [Glossar]“eine Erfolgsgeschichte“ sei, „bei allen Problemen, die wir haben“, und zeigt sich überzeugt, dass „wir jetzt auf einem guten Weg“ seien. Nachdem auf der Sitzung gestern „alles soweit besprochen und auf den Weg gebracht“ worden sei, sei nun die Frage, ob die Märkte das Signal akzeptieren. Um einen Default zu vermeiden, müsse nochmal alles genau angeschaut werden, „was der beste Weg ist, um wirklich das Vertrauen aller Teilnehmer in die dauerhafte Schuldentragfähigkeit Griechenlands zu verbessern“
Tagesthemen: Fast kein Tag in Brüssel ohne Sondersitzungen, Freitag möglicherweise der nächste Gipfel. Fühlen Sie sich nicht manchmal auch ein bisschen getrieben?
BM Schäuble: Naja, es hat ja keinen Sinn, wenn wir noch Signale der Beunruhigung, der Nervosität senden. Ich glaube, wir haben in unserer Sitzung gestern alles soweit besprochen und auf den Weg gebracht, wie es in der Sache notwendig ist. Jetzt ist die Frage, ob die Märkte das Signal akzeptieren. Wenn sie es tun, haben wir Zeit bis zur Auszahlung der nächsten Tranche an Griechenland, die ist im September fällig. Wenn nicht, dann mag es sein, dass die Staats- und Regierungschefs noch einmal durch ihre persönliche Zusammenkunft dann zusätzliche psychologische Signale senden müssen…
Tagesthemen: Wie viel Gewissheit herrscht bei Ihnen, dass die Sache gut ausgehen kann?
BM Schäuble: Ich glaube, wir sind jetzt auf einem guten Weg, weil wir gesagt haben, es muss in jedem Fall die Schuldentragfähigkeit Griechenlands verbessert werden. Und dazu werden wir auch alle Instrumente, die möglich sind, nutzen. Das muss natürlich sorgfältig auch in der Wirkung auf die Finanzmärkte [Glossar], auf die Investoren überprüft werden… Italien ist ja nun auch Gegenstand der Spekulation, wird seinen Haushalt [Glossar] auf der Grundlage des Entwurfs des Finanzministers verabschieden, und dann wird es wieder klar sein, dass die Spekulation ohne einen wirklichen Grund in der Sache ist.
Tagesthemen: Italien, die drittgrößte Volkswirtschaft in der Eurozone [Glossar], scheint der nächste Krisenkandidat zu sein. Reicht denn da aber das viel gelobte Sparen aus, oder muss Europa demnächst möglicherweise nicht doch wieder retten mit einem noch größeren Rettungsschirm?
BM Schäuble: Nein…, in der Eurozone muss jeder seine Verpflichtungen einer soliden Haushaltsführung einhalten, Deutschland tut es… Italien hat eine hohe Gesamtverschuldung, das ist wahr, aber Italien steht zu den Verpflichtungen, die es übernommen hat. Der Haushaltsentwurf, den uns … Tremonti erläutert hat, entspricht dem. Und ich glaube, es hat ein bisschen in der italienischen Innenpolitik Diskussionen gegeben, die auch irritierende Signale ausgesendet haben. Ich hoffe, dass das beendet ist.
Tagesthemen: Noch mal einen Blick auf Griechenland: Sie verhandeln über immer mehr Rettungsschirm-Milliarden, was spricht eigentlich dagegen, Griechenland die Schulden teilweise zu erlassen? Lehnen Sie das weiter ab, oder ist das eines dieser Instrumente?
BM Schäuble: Das gehört alles in den Katalog der Überlegungen, aber Sie wissen, dass die Europäische Zentralbank, und die spielt ja eine ganz wichtige Rolle…, gesagt hat, wir sollten möglichst einen Default vermeiden, und ein Schuldenerlass wird eben im Zweifel als ein solcher gewertet. Und deswegen haben wir gesagt, wir müssen nochmal alles genau anschauen, was der beste Weg ist, um wirklich das Vertrauen aller Teilnehmer in die dauerhafte Schuldentragfähigkeit Griechenlands zu verbessern.
Tagesthemen: Jetzt sollen es Eurobonds bringen, hören wir, was halten Sie davon?
BM Schäuble: Nein, den Vorschlag haben wir schon öfter gehört. Der hat den Nachteil, wir müssen in einer Währungsunion, wo die Geldpolitik [Glossar] auf der europäischen Ebene von der Notenbank [Glossar] vollzogen wird, aber die Finanzpolitik [Glossar] Sache der Mitgliedstaaten ist, brauchen wir schon Anreiz und Sanktionen, dass jeder Mitgliedstaat seine Verpflichtungen zur finanziellen Solidität erfüllt. Wenn alle dieselben Zinsen bezahlen, dann gibt es keinen Anreiz für eine solide Haushaltsführung, und das wäre der falsche Weg. Das wäre das Signal, dass der Euro nicht mehr stabil bleibt. Deswegen haben wir immer gesagt, solange wir in dieser Konstruktion eine gemeinsame Währung haben, können wir das Zinsrisiko nicht vergemeinschaften.
Tagesthemen: Der Euro sollte ja auch die starken und die schwachen Länder zusammenhalten, Europa als gemeinsame Wirtschaftskraft verbinden. Wo stehen wir heute? Ist das Projekt gescheitert?
BM Schäuble: Nein, das tut der Euro. Der Euro ist eine Erfolgsgeschichte bei allen Problemen, die wir haben… Er hat den schwächeren Ländern wie Griechenland ungeheuer viel Fortschritt in den letzten Jahren gebracht und den starken Ländern wie Deutschland nützt er ohnedies. Unsere wirtschaftliche Leistungsfähigkeit, unser guter Arbeitsmarkt [Glossar]wäre ohne den Euro lange nicht so gut… Wir exportieren 60 Prozent in andere europäische Länder. Und dadurch, dass wir eine gemeinsame Währung haben, sind wir von Wechselkursrisiken verschont, und das hat uns insbesondere in den Jahren seit der großen Finanzkrise sehr geholfen.
Tagesthemen: Vielen Dank, Herr Minister für das Gepräch.
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