Bedingung für die Auszahlung der vereinbarten Hilfe – Der Minister im Gespräch mit der ARD



In den Tagesthemen sagte der Bundesfinanzminister, die neuen Hilfen seien an strenge Bedingungen geknüpft: „Wir werden vor allem dafür sorgen, dass die Mittel, die wir auszahlen, zunächst zur Bedienung der griechischen Verpflichtungen genutzt werden.“ Ein Sperrkonto zur Schuldentilgung unter EU-Kontrolle solle gewährleisten, dass „in Zukunft von Griechenland keine Gefahr mehr für die Stabilität der Eurozone [Glossar] als Ganze ausgehen kann.

ARD: Der wievielte Finanzminister-Gipfel zum Thema Griechenland war das jetzt? Haben Sie noch den Überblick?

Schäuble: Nein, den habe ich nicht. Wir beschäftigen uns ja seit zwei Jahren regelmäßig mit dem Thema Griechenland. Wir mussten auch alle Vierteljahre überprüfen, wie die Erfüllung des ersten Programms gewesen ist. Wir haben es schon häufiger gehabt. Es wird auch noch ein paar mal in der Zukunft sein.

ARD: Glauben Sie, das war es jetzt (mit der Hilfe für Griechenland)? Sie sagen nein.

Schäuble: Nein, ich meine, es ist ja klar, wir haben ja auch verabredet mit der griechischen Regierung, das wird in Tranchen auszahlen. Zunächst einmal muss Griechenland die Verpflichtungen, die es eingegangen ist, an Reformmaßnahmen, die es durchführt, jetzt durchführen.

Das wollen wir bis zum 1. März schon sehen, dass die in der Gesetzgebung beschlossen worden sind. Das ist eine Bedingung für die Auszahlung der vereinbarten Hilfe. Denn das alles, was wir machen, muss ja den Sinn haben, dass es mit im Laufe der Zeit Griechenland auf eine bessere wirtschaftliche und finanzielle Entwicklung bringt.

ARD: Sind denn Gesetzesvorhaben nicht einfach nur neue Versprechen nach vielen gebrochenen Versprechen? Die Experten-Troika hatte in den letzten Wochen einen niederschmetternden Eindruck von Griechenland. Was soll denn da noch für ein Wunder passieren, dass man denen 130 Milliarden zusätzliches Geld zur Verfügung stellt?

Schäuble: Griechenland hat in den letzten Monaten schon eine Reihe von schwerwiegenden Beschlüssen getroffen. die gelten auch: Die Mindestlöhne sind gekürzt worden. Das war bitter für die Betroffenen, aber notwendig, weil Griechenland einfach in den Arbeitskosten zu teuer ist. Aber es braucht seine Zeit, bis es sich ausgewirkt.

Bei anderem muss man hinschauen, dass Griechenland auch wirklich das macht, wozu es sich verpflichtet hat. Deswegen haben wir ja mit der griechischen Regierung ein strenges Monitoring vereinbart. Und wir werden vor allen Dingen dafür sorgen, dass die Mittel, die wir auszahlen, zunächst für die Griechen zur Bedienung der griechischen Verpflichtungen genutzt werden mit einem speziellen Verrechnungskonto. Damit in Zukunft von Griechenland keine Gefahr mehr für die Stabilität der Eurozone als Ganzes ausgehen kann.

ARD: Ein Problem von Griechenland ist ja, dass sie zu wenig Steuern eintreiben. Reiche Griechen schaffen sogar ihr Geld außer Landes, ohne es versteuert zu haben. Müsste man da vielleicht den griechischen Steuereintreibern stärker helfen, zum Bespiel indem man ins Ausland geschafftes Vermögen einfriert?

Schäuble: Dafür braucht es rechtliche Grundlagen. Die müssen geschaffen werden. Das in einem Europa, in dem wir ja Kapitalverkehrsfreiheit haben, ist natürlich leichter gesagt als getan.

Im Übrigen muss in der Tat in Griechenland eine Steuerverwaltung in Teilen erst aufgebaut werden, die modernen Standards entspricht. Wir haben dazu unsere Beratungshilfe angeboten. Aber das braucht seine Zeit. Nur muss, gerade, wenn es Zeit braucht, dann muss man ernsthaft damit beginnen, es jetzt zu machen.

ARD: Alte Schulden mit neuen zu bekämpfen, das hilft ja allenfalls eine Weile. Langfristig muss das Land wieder wachsen. Im Augenblick schrumpft die griechische Wirtschaft dramatisch. Kümmert sich auch jemand um eine Wachstumsstrategie?

Schäuble: Ja, klar. Beides gehört zusammen. Aber zunächst einmal: Die Reformen, die wir mit Griechenland verabredet haben, haben ja auch das Ziel, die griechische Wirtschaft wettbewerbsfähig zu machen. Das ist die Voraussetzung dafür, dass sie wachsen kann.

Darüberhinaus hat die EU-Kommission zugesagt, dass sie alle europäischen Mittel sehr viel konzentrierter und effizienter für Griechenland einsetzen will, auch die europäische Investitionsbank Deutschland, die deutsche Bundesregierung, die Bundeskanzlerin fordert das seit geraumer Zeit. Und ich hoffe, dass sich da jetzt mehr bewegt.

ARD: Verlieren Sie langsam die Geduld mit Griechenland?

Schäuble: Ich bemühe mich, sie nicht zu verlieren, aber ich habe wirklich auch den Eindruck, dass die Verantwortlichen in Griechenland – der Ministerpräsident, der Finanzminister, die an der Sitzung teilgenommen haben – den Ernst der Lage wirklich erkannt haben.

Das Gespräch führte Tom Buhrow.

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