20 Jahre IPC



Grusswort von Bundesminister Dr. Wolfgang Schäuble anlässlich des Festaktes zum 20. Jahrestag der Gründung des International Paralympic Committee und des 10. Jahrestages der Eröffnung des IPC-Hauptsitzes in Bonn

(Es gilt das gesprochene Wort.)

Sehr geehrter Sir Philip,
sehr verehrte Frau Dieckmann,
sehr geehrter Fürst Albert,
sehr geehrter Herr Lemke,
sehr geehrter Herr Dr. Bach,
liebe Gäste,

im Namen der Bundesregierung begrüße ich Sie zum 20. Jahrestag der Gründung des International Paralympic Committee. Wir feiern zugleich das zehnjährige Bestehen des IPC-Hauptsitzes hier in Bonn. Wir sind froh, dass eine so bedeutende internationale Sportorganisation ihren Sitz in Deutschland hat.

Die Entwicklung der paralympischen Bewegung ist eine Erfolgsgeschichte des Sports und der Humanität. Die Paralympischen Spiele in Peking haben neue Maßstäbe gesetzt. 1992 waren 82 Länder bei den Paralympischen Sommerspielen vertreten. In Peking nahmen bereits Athleten aus 148 Nationen teil. Die Zuschauerresonanz war groß; die mediale Berichterstattung nahm viel breiteren Raum ein als noch vor 16 Jahren. Auch bei der Einbindung des Leistungssports von Menschen mit Behinderung in die Strukturen des übrigen Spitzensports gibt es einige Fortschritte.

Die gute Entwicklung des paralympischen Sports sehen wir auch am Erfolg des diesjährigen International Paralympic Day, der vor zwei Monaten in Berlin stattfand. Fast 60.000 Besucher kamen zum Bran­denburger Tor, um paralympischen Spitzensport zu erleben und zu sehen, welch große Spannung der Sport von Menschen mit Behinderung bietet.

Am Sport von Menschen mit Behinderung kann man vielleicht noch besser als am Sport von Nichtbehinderten erkennen, wie wichtig es ist, dass wir uns in allen gesellschaftlichen Bereichen zum Leistungsprinzip bekennen. Für jeden einzelnen Menschen – ob mit oder ohne Behinderung – ist von größter Bedeutung, dass er die ihm mögliche Leistung erbringen kann. Dabei kommt es gar nicht so sehr auf Rekorde an, sondern ganz wesentlich auf persönliche Erfüllung. So sind erfolgreiche Behindertensportler nicht nur Vorbilder für andere Menschen mit Behinderung, sondern sie sind Vorbilder für unsere Gesellschaften, für die Bevölkerung unserer Länder insgesamt.

Spitzenpositionen in internationalen Wettbewerben sind fast nur noch mit staatlicher Förderung möglich. In der föderalen Ordnung der Bunderepublik ist der Bund für den Spitzensport zuständig. Ich freue mich, dass es der Bundesregierung in den vergangenen Jahren gelungen ist, die Bundesmittel für den Leistungssport der Menschen mit Behinderung wie für den Spitzensport insgesamt stetig aufzustocken. Auch für das Jahr 2010 ist geplant, die Förderung leicht zu erhöhen.

Heute ist ein Tag, an dem wir feiern wollen. Der IPC wird den Blick in den kommenden Tagen aber auch auf die Herausforderungen der nächsten Jahre richten.

Ich möchte auf drei Punkte eingehen, die ich für besonders wichtig halte.

1.     Zum einen sind das die beruflichen Perspektiven, die die Athleten neben dem Sport brauchen. Sie müssen Leistungssport und Beruf erfolgreich vereinbaren können. Hier ist die Situation in vielen Fällen schwierig. In den vergangenen Jahren konnte der deutsche Staat einigen Leistungs­sportlern mit Behinderung den Einstieg in den öffentlichen Dienst ermöglichen. Dieses Engagement müssen und wollen wir in Zukunft fortsetzen. Zugleich würde ich mir wünschen, dass auch die Wirtschaft mehr Arbeitsmöglichkeiten für Spitzensportler mit Behinderung schafft.

2.     Überall, wo es Erfolgswillen und Wettbewerbsdruck gibt, gibt es auch die Versuchung zum Betrug. Wir müssen aufpassen, dass sich das Gute am Sport nicht irgendwann selbst zerstört. Im Spitzensport der Menschen ohne Behinderung schwingt der Doping-Verdacht bereits an vielen Stellen mit, egal wie berechtigt er im Einzelnen ist. Das schadet dem Sport und seiner Vorbildwirkung. Auch im Leistungssport der Menschen mit Behinderung gibt es Doping. Der autonome Sport hat hier eine besondere Verantwortung, der er gerecht werden muss.

3.     Ein Punkt, der Athleten und Zuschauer schon lange beschäftigt und immer wieder zu intensiven Debatten führt, sind die Bemühungen des organisierten Sports, Sportler mit unterschiedlichen Einschränkungen in immer weniger Startklassen zusammenzufassen. Es ist im Interesse der Veranstalter und Verbände, der Zuschauer und Medien, dass wir nicht endlos viele Startklassen mit jeweils eigenen Wettkämpfen haben. Wenn der Behindertensport kein Nischendasein führen will, braucht er eine gewisse Kompaktheit. Davon profitieren am Ende am meisten die Sportler selbst, auch wenn es im Einzelfall zu gefühlten Ungerechtigkeiten oder Irritationen kommen kann. Deswegen begrüße ich die Bemühungen der Spitzensportverbände, die Nachteile bei unterschiedlichen Einschränkungen durch ein Punktesystem auszugleichen.

„Spirit in Motion!“ lautet der Wahlspruch des International Paralympic Committee. Bewegung braucht Innovation, Tatkraft und Mut. Diese Eigenschaften haben die Paralympische Bewegung in der Vergangenheit ausgezeichnet. Sie werden sie auch in Zukunft brauchen, um Ihre Erfolgsgeschichte fortzusetzen. Für heute wünsche ich uns allen eine gelungene Festveranstaltung mit spannenden Diskussionen und nachhaltigen Impulsen für unsere weitere Arbeit.