„Berlin Direkt“



Dr. Wolfgang Schäuble in der Sendung „Berlin Direkt“

Berlin Direkt: Bei mir im Studio ist jetzt der Bundesfinanzminister Dr. Wolfgang Schäuble. Herzlich willkommen Herr Schäuble.

BM Schäuble: Guten Abend Frau Scholz!

Berlin Direkt: Ja, wenn man sich das mal anschaut: Die Schuldensituation Griechenland, Portugal, kaum zu bändigen. Widerstand gegen weitere Hilfspakete, der wächst ja ganz offenkundig. Diese europäische Idee scheint nicht mehr tragfähig zu sein. Ist die Gefahr da, Herr Schäuble, dass aus der Schuldenkrise eine Europakrise wird?

BM Schäuble: Ich hoffe, dass wir der Gefahr widerstehen können. Natürlich müssen wir die Grundlage der Europäischen Währungsunion stabil halten. Für Portugal werden wir uns morgen über ein Hilfspaket vermutlich verständigen. Die Prüfung hat ja ergeben, dass das tragfähig ist, was Internationaler Währungsfonds, Europäische Zentralbank und Kommission uns vorgeschlagen haben. Bei Griechenland gibt es eine Menge Gerüchte. Aber der nächste Bericht….

Berlin Direkt: ..…60 Mrd. lauten die Gerüchte. Können Sie das bestätigen?

BM Schäuble: Nein, ich kann überhaupt nichts bestätigen. Wir haben ja vor einem Jahr klare Vereinbarungen getroffen. Die Tranchen werden vierteljährlich ausgezahlt und immer nur auf der Grundlage von Berichten der drei Institutionen. Das war zuletzt im März. Dort war gesagt worden, es ist alles in Ordnung. Jetzt gibt es Gerüchte. Aber die nächste Auszahlung, die nächste Entscheidung steht im Juni an und das habe ich schon gesagt, ich werde mir auch gerade wegen der Gerüchte das natürlich sehr genau anschauen, ob das weiterhin tragfähig ist.

Berlin Direkt: Gerüchte, dass Griechenland seine Hausaufgaben eben nicht ausreichend macht. Aber ist dann unabhängig davon nicht unumgänglich, dass man eben doch hilft, um Griechenland in der Union zu halten?

BM Schäuble: Wir werden sehen. Wir haben ja klare Vereinbarungen getroffen. Es ist ja auch die Frage, ob es an Griechenland liegt oder ob es andere Gründe gibt für eine Abweichung. Dann muss man gemeinsam reden. Aber klar ist, die Vereinbarungen gelten und wenn wir abweichen müssten, dann müssen alle Beteiligten davon abweichen zusätzliche Maßnahmen zu ergreifen. So war es im März, als Griechenland ja angeboten hat 50 Mrd. zusätzlich zu privatisieren und darauf haben die Staats- und Regierungschefs dem griechischen Wunsch, die Zinsen um einen Prozent zu senken, nachgegeben. Aber die 50 Mrd. Privatisierung sind noch nicht erfüllt. Also wir müssen verhindern, dass aus den Problemen eines Landes eine Gefahr für die Währungsunion als Ganzes wird.

Berlin Direkt: Können Sie dem deutschen Steuerzahler, der sich ja genau darum sorgt, können Sie dem garantieren, dass Griechenland sich tatsächlich nicht als ein Fass ohne Boden erweist?

BM Schäuble: Ja und vor allen Dingen, man muss dem deutschen Steuerzahler, überhaupt den Deutschen, immer ins Gedächtnis rufen, wir profitieren ja nicht nur von der europäischen Einigung, von der europäischen Währungsunion. Wir haben den größten Vorteil, weil wir wirtschaftlich die stärksten sind. Zwei Drittel unserer Exporte gehen in die anderen europäischen Länder. Ohne die gemeinsame Währung ginge es uns wirtschaftlich lange nicht so gut und unsere Lage am Arbeitsmarkt [Glossar] wäre nicht so erfreulich.

Berlin Direkt: Da spricht der überzeugte Europäer. Sie haben das Treffen morgen in Brüssel angesprochen. Das wird vermutlich überschattet sein von den Vorwürfen gegen Dominik Strauss Kahn, dem IWF-Chef, dem ja vorgeworfen wird, angeblich wegen einer versuchten Vergewaltigung sitzt er jedenfalls jetzt in Untersuchungshaft. Ist der IWF jetzt arbeitsfähig?

BM Schäuble: Ja, ganz klar.

Berlin Direkt: Kann er morgen überhaupt, können dort überhaupt Entscheidungen getroffen werden?

BM Schäuble: Der IWF ist ja nur zur Beratung da. Dann kommt eben nicht der Managing Director Strauss-Kahn sondern ein Stellvertreter von ihm. Aber die Antworten, die Auskünfte, die wir vom IWF brauchen, die werden wir auch so bekommen. Der IWF ist eine große Institution, die ist voll entscheidungs- und arbeitsfähig.

Berlin Direkt: Ganz egal wie das ausgeht und ob sich die Vorwürfe dann als richtig oder falsch erweisen, aber seine Karriere ist vermutlich vorbei oder?

BM Schäuble: Also ich finde wir sollten uns vor jedem Urteil hüten. Das muss in New York untersucht und geklärt werden und deswegen kann ich dazu wirklich nichts kommentieren und sagen. Spekulationen sind jedenfalls falsch.

Berlin Direkt: Herr Schäuble, wir haben über den Euro [Glossar], Europa gesprochen. Auf dem Parteitag der FDP war das auch ein Thema. Alles in allem steht die FDP da stärker an Ihrer Seite. Da werden Sie mit denen klarkommen. Die Frage ist: Was ist in anderen Themen? Darüber wollen wir noch einen Moment reden und schauen zuvor noch mal eben nach Rostock, wo der Parteitag seinen Zweck erfüllt.

………

Berlin Direkt: Und da fragen wir doch nach beim Bundesfinanzminister Dr. Wolfgang Schäuble, hier bei uns im Studio. Herr Schäuble, machen wir es konkret: Wird es noch in dieser Legislaturperiode Entlastungen für die Steuerzahler geben? Geben Sie dafür grünes Licht?

BM Schäuble: Na wir sind ja miteinander in einer engen Abstimmung und es ist ja gut, dass die FDP klar das Selbe sagt, was wir auch seit Beginn dieser Legislaturperiode sagen. Die Haushaltskonsolidierung hat Vorrang. Wir haben eine günstige Enzwicklung der Steuereinnahmen. Wir haben zusätzliche Risiken. Wenn es zusätzlichen Spielraum gibt, werden wir den natürlich nutzen.

Berlin Direkt: Und gibt es den? Wissen Sie das schon?

BM Schäuble: Nein, wir haben ja gerade die Zahlen, jetzt soweit wie wir Sie jetzt kennen, gesagt und deswegen arbeiten wir weiter in dieser Richtung. Das Falscheste was wir machen könnten, und da sind wir auch völlig einig, wäre, gerade weil wir so erfolgreich sind, denn die guten Finanzzahlen spiegeln ja wieder, dass wir eine gute wirtschaftliche Entwicklung mit dieser Finanzpolitik [Glossar] ermöglicht haben, eine gute Entwicklung am Arbeitsmarkt. Das wäre einfach töricht, wenn man so erfolgreich ist, dass man jetzt sagt: Jetzt korrigieren wir den Kurs, nein. Wir führen den Weg fort und wenn es Spielräume gibt, werden wir uns darüber verständigen. Ich habe den Eindruck, dass die FDP sich klar positioniert hat, dass wir jetzt nicht in der Koalition streiten sondern gemeinsam das umsetzen, was wir verabredet haben.

Berlin Direkt: Sie könnten Ihnen aber immerhin mit dieser Steuerentlastung ein kleines Zückerchen sozusagen zur Stärkung des Koalitionspartners geben, damit Herr Rösler sein Versprechen halten kann, jetzt zu liefern.

BM Schäuble: Ich habe das Geld ja nicht irgendwo zur Verfügung oder nicht, sondern wir müssen gemeinsam an einer vernünftigen Entwicklung von Wirtschaft, Finanzen unseres Staatswesens arbeiten. Da sind wir sehr erfolgreich, dass da nicht der Erfolg des Einen gegen den Anderen und wenn wir dort Spielräume haben, werden wir uns darüber verständigen und es gemeinsam nutzen.

Berlin Direkt: Also da hält sich der Finanzminister noch bedeckt. Wolfgang Schäuble, herzlichen Dank für den Besuch hier bei uns im Studio. Danke!

Alle Rechte: ZDF

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