Bericht aus Berlin



Bundesminister Dr. Wolfgang Schäuble im Interview mit Ulrich Deppendorf

Bericht aus Berlin: Im Studio ist der Bundesfinanzminister Dr. Wolfgang Schäuble, guten Abend Herr Schäuble.

BM Schäuble: Guten Abend Herr Deppendorf.

Bericht aus Berlin: Herr Schäuble, eigentlich wollten Sie heute Nachmittag jetzt um diese Zeit mit der Bundeskanzlerin zusammen mit Herrn Strauss-Kahn zusammensitzen, um über das, ja, EU-Rettungspaket über Griechenland zu reden. Nun ist er in New York verhaftet worden. Inwieweit belastet das sozusagen die Verhandlung über das Rettungspaket, über denEuro [Glossar], denn Strauss-Kahn und der IWF spielen ja eine große Rolle.

BM Schäuble: Na klar, der IWF ist eine große Institution und er ist voll arbeitsfähig. Es wird morgen an der Sitzung in der Eurogruppe ein Stellvertreter des Managing directors teilnehmen. Die Lösung der Probleme ist dadurch nicht belastet.

Bericht aus Berlin: Morgen treffen Sie sich, die EU-Finanzminister in Brüssel und wollen sich über die Reform und die Sparanstrengungen Griechenlands reden. Sind Sie eigentlich mit den Sparanstrengungen Griechenlands zufrieden? Es wird Kritik geäußert, das ginge noch alles nicht weit genug.

BM Schäuble: Also es ist ja so: Als wir vor gut einem Jahr den Kredit vereinbart haben, ist ja gesagt worden, er wird vierteljährlich ausbezahlt. Und er wird ausbezahlt, wenn immer die drei Institutionen Internationaler Währungsfonds, Europäische Zentralbank und Kommission bestätigen, dass die Verwirklichung des Programms programmgemäß stattgefunden hat. Das war zuletzt im März der Fall. Da haben die drei Institutionen das bescheinigt. Das nächste Mal steht im Juni an und angesichts vieler Meldungen habe ich ja schon gesagt: „Das werden wir uns im Juni sehr genau anschauen müssen, ob das auch stimmt.“

Bericht aus Berlin: Es heißt ja IWF, EU-Kommission und auch Deutschland seien jetzt für eine weiche Umschuldung, das heißt für eine Verlängerung der Laufzeit griechischer Staatsanleihen. Stimmt das?

BM Schäuble: Das sind Spekulationen. Aber wenn es so sein sollte, dass Griechenland im nächsten Jahr nicht am Markt kann – wir werden im Juni die Zahlen haben – dann muss man darüber reden was man tun kann. Aber dann kann man nicht einfach nachbessern, was vor einem Jahr vereinbart worden ist. Und dann muss über zusätzliche Maßnahmen geredet werden und es wäre in der Tat ein zentraler Punkt, dass nicht während die Gemeinschaft der Euroländer Griechenland hilft Zeit zu gewinnen, gleichzeitig der Privatsektor sich immer stärker aus seinen Positionen zurückzieht, sodass am Ende wir den Privatsektor entlasten zu Lasten der Steuerzahler. Deswegen brauchen wir hier eine klare Regelung. Wenn Verlängerung, dann müssen alle verlängert werden.

Bericht aus Berlin: Herr Schäuble, der Widerstand auch in der schwarz-gelben Koalition gegen den EU-Rettungsschirm wächst. Wird das eine Zerreißprobe? Glauben Sie noch an eine eigene Mehrheit der Koalition?

BM Schäuble: Ja, ich meine wir werden intensive Debatten haben. Das ist ja gut. Jeder Abgeordnete, jeder Verantwortliche macht sich das nicht leicht. Die Bundeskanzlerin nicht, der Finanzminister nicht, nicht alle Abgeordneten. Aber der FDP-Parteitag hat ja beispielsweise gerade auf dem Parteitag mit einer großen Mehrheit den Antrag des Kollegen abgelehnt. Der Kollege wird im Fernsehen gezeigt und nicht die Entscheidung des Parteitags.

Bericht aus Berlin: Aber der Parteitag hat ja auch gesagt: „Christian Lindner, Sie müssten das Parlament mehr informieren als bislang ein Papierchen würde da nicht reichen.

BM Schäuble: Nein, das ist erstmal ein völlig anderes Thema. Da geht es um die Aushandlung eines künftigen Vertrages. Darüber gibt es überhaupt keinen Streit. Ich habe nur gesagt: „Wenn es in der europäischen Gruppe eine Verabredung gibt Papiere nicht auszuhändigen, dann werde ich erst die Kollegen darüber informieren. Das tue ich morgen, dass ich mein Parlament informiere und ich halte mich an getroffene Absprachen und kündige sie nicht einseitig auf. Da ist ein bisschen etwas von der Opposition in einem taktischen Spiel überhört worden, was gar keine Substanz hat. Das hat aber nichts mit dem Hilfsprogramm für Griechenland zu tun. Da hat der FDP-Parteitag klar gegen den Antrag des Kollegen Scheffler entschieden und deswegen ist meine Zuversicht gewachsen.

Bericht aus Berlin: Bleiben wir bei dem netten Herrn Rösler und dem FDP-Parteitag. Herr Rösler hat auch Steuersenkungen wieder gefordert, hat gesagt: „Da warten wir jetzt auf die Koalition.“ Kommen Steuersenkungen?

BM Schäuble: Die FDP und der neue Vorsitzende Phillip Rösler haben klar gesagt: “Es gilt das, was wir verabredet haben. Wir sind auf einem guten Weg. Wir haben den Weg der Rückführung der zu hohen Verschuldung erfolgreich bis jetzt geführt. Unter anderem damit eine sehr gute wirtschaftliche Entwicklung, eine gute Entwicklung am Arbeitsmarkt [Glossar]und wir haben immer gesagt: „Wenn es darüber hinaus Spielraum für Steuersenkungen gibt, werden wir einvernehmlich darüber reden wie wir sie nutzen.“

Bericht aus Berlin: Gibt es diesen Spielraum? Es heißt…

BM Schäuble: ….Noch nicht, aber wir arbeiten daran.

Bericht aus Berlin: Das heißt, Sie sehen einen Spielraum in Höhe von 10 Mrd. Euro?

BM Schäuble: Nein, das ist natürlich wieder eine Falschmeldung. Wir reden sehr eng und sehr vertrauensvoll miteinander und das ist sehr erfreulich, dass die FDP jetzt klar gesagt hat sie hält die Kritik, wo sie den Anschein über ein Jahr lang erweckt hat, an der Finanzpolitik[Glossar] nicht mehr aufrecht sondern wir arbeiten eng zusammen. Das ist übrigens die beste Voraussetzung, dass wir gemeinsam noch mehr Erfolg haben als in den letzten anderthalb Jahren.

Bericht aus Berlin: Schönen Dank für das Gespräch Herr Schäuble.

Das Interview führte Ulrich Deppendorf

Alle Rechte: ARD

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