„211 Milliarden – das war es“



Bundesminister Dr. Wolfgang Schäuble im Interview mit der „Super illu“

Nach der Zustimmung des Bundestages zur Ausweitung des Euro-Rettungsschirms (EFSF) hat Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) im Interview mit SUPERillu darüber hinausgehende deutsche Finanzhilfen für schwache EU-Staaten ausgeschlossen.

Von Kerstin Wintermeyer

SUPERillu: In diesen auch für Sie persönlich schwierigen Wochen der Euro [Glossar]-Rettung haben Sie am Vorabend der entscheidenden Bundestagsabstimmung nicht nur die Goldene Henne, sondern auch den stehenden Applaus des Publikums im Musical-Theaters am Potsdamer Platz bekommen. Was haben Sie in diesem Moment empfunden? Hat Ihnen dieser Zuspruch Kraft gegeben?

Schäuble: Ich war besonders berührt, die Auszeichnung an diesem historischen Platz im Herzen Berlins zu bekommen. Und die sehr netten Worte des Regierenden Bürgermeisters gerade auch zu Europa waren wohlgesetzt – das sah man am Applaus. Deswegen habe ich ja scherzhaft vorgeschlagen, dass wir die Rede am darauf folgenden Tag in die Bundestagsdebatte einspielen sollten. Denn er hat Recht: die deutsche Einigung und die europäische Einigung sind untrennbar miteinander verwoben und dafür gibt es kaum ein besseres Symbol als Berlin und den Potsdamer Platz.

SUPERillu: Ist Ihnen ein Stein vom Herzen gefallen, als dann am Tag darauf der Bundestag mit übergroßer Mehrheit der Ausweitung des Euro-Rettungsschirms zugestimmt hat?

Schäuble: Ich war mir sicher, dass eine ganz, ganz große Mehrheit dem vorläufigen Rettungsschirm EFSF zustimmen würde. Aber natürlich hat es mich dann auch sehr gefreut, dass die Mehrheit so klar und eindeutig war. Das belegt, dass zum einen allen die Bedeutung von Europa und Stabilität bewusst ist und dass das Feuer für Europa bei den weitaus meisten Kolleginnen und Kollegen im Parlament weiter brennt.

SUPERillu: Wie wichtig ist Ihnen, dass dabei die Koalition die Kanzler-Mehrheit erreicht hat? Kehrt damit jetzt endlich Ruhe ein bei Schwarz-Gelb?

Schäuble: Diese Bundesregierung ist – wenn man sich Wachstum, Arbeitslosenzahlen, Energiewende, Bundeswehrreform, Konsolidierung, Senkung des Defizits und vieles andere anschaut, sehr erfolgreich. In der Haushaltsdebatte hat die Opposition uns das ja zugestanden: dem Land gehe es gut, aber die Regierung sehe schlecht aus. Tja, haben wir gesagt, besser so, als anders rum.

SUPERillu: Welche weiteren Schritte zur Euro-Rettung müssen jetzt folgen? Welche Chancen und Risiken sehen Sie dabei?

Schäuble: Jetzt müssen wir erst einmal die Annahme des EFSF in den anderen Mitgliedsstaaten der Eurozone [Glossar] hinter uns bringen. Das sollte bis Mitte Oktober möglich sein. Danach kümmern wir uns um die nächste Kredittranche für Griechenland – da warten wir noch auf den Bericht der Troika, die sich aus dem Internationalen Währungsfonds IWF, der EU-Kommission und der Europäischen Zentralbank [Glossar] EZB zusammensetzt. Daran anschließend werden wir sehen müssen, wie wir Griechenland auf Dauer stabilisieren, denn wir müssen ein Paket schnüren, welches sowohl die griechischen Finanzen stabilisiert als auch die richtigen Wachstumsimpulse setzt.

Und danach müssen wir den dauerhaften Europäischen Stabilitätsmechanismus, der das Provisorium des EFSF ersetzen soll, finalisieren und ratifizieren. Wir werden eine echte Internationale Finanzinstitution gründen und damit noch besser für eventuelle Risiken in der Zukunft gerüstet sein. Und wir führen damit eine obligatorische Beteiligung der privaten Gläubiger für den Fall ein, dass ein Staat insolvent wird. Danach müssen wir uns daran machen, dass wir bei der europäischen Integration voran kommen und die EU-Konstruktionsdefizite der 90er Jahre überwinden. Sie sehen, wir haben noch einiges vor uns. Aber wir sind auf dem richtigen Weg. Wir müssen beharrlich dran bleiben.

SUPERillu: Wie wollen Sie ausschließen, dass Deutschland dauerhaft und in immer größerem Umfang für instabile und schwache Euro-Staaten wie Griechenland zahlen muss?

Schäuble: Der europäische Rettungsschirm hat eine Obergrenze von 440 Milliarden Euro – auf Deutschland entfallen 211 Milliarden. Und das war es. Schluss. Bis auf die Zinsen, die kämen noch obendrauf. Beim ESM, der den EFSF spätestens 2013 ersetzen wird, werden es insgesamt sogar nur 190 Milliarden sein, für die wir einstehen müssen, was an der anderen Konstruktion liegt. Inklusive alle Zinsen. Daneben dürfen Sie nicht vergessen, dass wir außer dem Rettungsschirm umfangreiche Maßnahmen beschlossen und umgesetzt haben, die dafür sorgen werden, dass sich in der Zukunft solche Probleme wie in Griechenland nicht mehr werden anhäufen können. Also ganz klar: die Haftung für Deutschland ist klar umrissen und begrenzt und wir haben die Stabilität der Eurozone durch den sehr verschärften Stabilitäts- und Wachstumspakt [Glossar] deutlich verbessert. Vor allem dürfen wir eines nicht vergessen: wir machen das alles nicht um irgendwelchen – wie sagten Sie – „instabilen und schwachen Staaten“ was zu schenken, sondern wir machen das, um unsere Währung, unsere Wirtschaft, unsere Arbeitsplätze zu stabilisieren. Wir machen das alles aus wohlverstandenem europäischen und deutschem Interesse. Und wenn dann noch ein Element Solidarität dabei ist, schadet das auch nicht wirklich.

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